Was ein Marathon mit Unternehmensführung zu tun hat

Am Sonntag war ich am Start des Berlin Marathons. Vorbereitet haben wir uns in einer Gruppe (Turnverein Tamins). Dies half mir, die Motivation in der Vorbereitungsphase hochzuhalten. Ein drei Viertel Jahr Vorbereitung und dann stehe ich da. Bei der Abholung der Startnummer am Vortag zum Lauf wird mir bewusst, welche Dimension ein Volkslauf mit 48’000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer einnimmt. Die Pendenzen und Themen aus dem Berufsalltag rücken nach hinten, der Fokus richtet sich auf das Bevorstehende.

Der Tag der Tage

Eine Stunde vor dem Start steigt der Puls. Heute ist der Tag, an dem es gilt. Die Grundanspannung ist da, nicht nur bei mir, auch bei den Läuferinnen und Läufern links und rechts von mir. Ich stehe in der Startaufstellung, irgendwo in der Menge. Eine gefühlte Ewigkeit später geht es los, es ist kühl, gute vier Stunden Ungewissheit liegen vor mir. Der Lauf beginnt.

Die ersten 20 Kilometer

Aus früheren Läufen ist mir noch präsent, dass die ersten 20 km ohne grosse Anstrengung ablaufen sollten. Ich taste mich heran, 2km, 4km. Es läuft gut. Ich stelle mir vor, ich sitze in meinem Gehirn an der Schaltzentrale und überwache die Anzeigen: linkes Fussgelenk, rechte Schulter, Atemfrequenz… alle Instrumente auf grün. Ich lasse meine Gedanken schweifen, denke an Positives aus den letzten 39 Jahre meines Lebens – denke an Freunde, die Familie und auch an Berufliches – an den neuen Mitarbeitenden, der am 1. Oktober starten wird. An Projekte, die unser Team im Moment stemmt, an die kommende Verwaltungsratssitzung. Kilometer 18, ein leichtes Ziehen im linken Bein, Gewicht auf dem linken Fussballen etwas verschieben, beobachten, immer noch alles im Grünen.

Kilometer 30 geschafft

Die Sonne zeigt sich, der Einfallswinkel blendet, aus Sehschlitzen hefte ich den Blick an die Menge vor mir. Ich passiere die Halbmarathonanzeige, der Blick auf die Uhr zeigt mir, dass ich heute keine Bestzeit laufe, trotzdem ist meine Pace solide und ich bin zufrieden. Jetzt die 30 Kilometer erreichen, trinken nicht vergessen, an den Verpflegungsständen immer etwas essen, 25 km, 26 km. Die Gedanken sind immer noch frei, das Leiden lässt noch auf sich warten, das rechte Fussgelenk schmerzt ein wenig – jedoch kein Grund zur Sorge.

Mein Kampf auf den letzten Kilometern

Kilometer 35, es zieht sich in die Länge, die Beine sind schwer. Ich erinnere mich an eine Liedzeile aus meiner Jugend «weiter, weiter ins Verderben…». Am Streckenrand toben die Zuschauer, in den letzten drei Stunden gab es alle 500 Meter andere Musik, von der Live-Band über den Trommler bis hin zum Elektrobeat aus einem Lautsprecher. Bei Kilometer 39 gibt es Cola, der Zuckerschub hilft. Die Entspanntheit der ersten 30 Kilometern ist einer Konzentration gewichen. Ja nicht stoppen, ja keinen Krampf bekommen oder stolpern. Beim Brandenburger Tor ist die 42 Kilometer-Marke, ich sehe es noch nicht. Eine weitere Kurve, immer noch nicht. Noch eine Kurve, die letzten Meter ziehen sich. Endlich ist es da – das Brandenburger Tor – noch 500 Meter, noch 200 Meter… Ich habe das Ziel erreicht. 🚀

Mein persönliches Fazit

Am Abend auf dem Rückweg von Berlin verfasse ich diese Zeilen. Es ist ein gutes Gefühl, in einer Gruppe ein gemeinsames Ziel zu verfolgen und auch zu erreichen. Meine eigenen Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben, ohne zu «über Pacen», gibt mir Selbstvertrauen für weitere Vorhaben. Der Marathon hat mir aufgezeigt, dass die Führung und Entwicklung eines Unternehmens vergleichbare Prozessschritte aufweist:

  • Ambitionierte Ziele setzen
  • Gemeinsam auf Ziele hinarbeiten
  • Die Leistungsfähigkeit und Zielerreichbarkeit aktiv verfolgen
  • Ziele erreichen und sich darüber gemeinsam freuen